Farce von George Tabori
Puppentheater ab 14 J.
PREMIERE
20. September.2024, Burgtheater großer Saal
DAUER
2 h 15 min, inkl. Pause
„Inhalt eines jeden Witzes ist die Katastrophe oder etwas ganz Schönes…
Der Witz ist sozusagen ein Rettungsring, nicht Flucht vor der Realität, sondern Realität.“
George Tabori
Wien um 1910. Der jüdische Buchverkäufer Schlomo Herzl und sein Freund Lobkowitz – ein entlassener Koscher-Koch, der sich für Gott hält und mit Herzl ein merkwürdiges Herr-und-Knechtspiel spielt – wohnen mit anderen gescheiterten Existenzen, Dieben, Studenten und Tagespennernin einem Männerwohnheim in der Blutgasse. Eines Tages schneit ein junger Mann herein: Adolf Hitler aus Braunau-am-Inn, der sich mit seinen Aquarellen von fragwürdiger Qualität an der Wiener Akademie der Schönen Künste bewerben will. Nach dem Gebot der Nächstenliebe nimmt sich Herzl des unbeholfenen, flegelhaften Provinzlers und emotionslosen Cholerikers an, versucht ihn zu erziehen und ihm mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Die mütterliche Liebe und Zuwendung bleibt nicht ohne Wirkung, doch anders als erhofft: Hitler gefällt sich in der Rolle des Täters und Welteroberers, verführt Schlomos junge Freundin, stiehlt ihm den Titel seines unvollendeten Buches „Mein Kampf“, verbündet sich mit Frau Tod und lässt Schlomos Huhn Mizzi schlachten und zubereiten… ein Vorgeschmack auf die zukünftigenSchrecken.
Mit George Taboris „Mein Kampf“ bringt das Puppentheater eine ungeheuerliche Liebesgeschichte auf die Bühne – eine surreale Geisterstunde und verzweifelte Clowneske im Geiste Samuel Becketts, die voll überbordendem Intellekt und bösem Witz gegen Normen verstößt, Sinn und Werte auflöst und die Weltordnung angegriffen zurücklässt. In der unheilvollen Liaison zwischen Jude und Hitler werden Täter- und Opferstatus vermischt und die wechselseitige Abhängigkeit offenbar. Dies findet im inszenatorischen Konzept der ersten Erwachseneninszenierung von Tim Heilmann für seine Sparte eine gespenstische Entsprechung: Hitler wird als Puppe von den Bewohnern des Asylheims geführt. Kein Hitler ohne „Mitspieler“ also. Damit macht die Inszenierung aufmerksam auf die Verantwortung jedes einzelnen im „Kampf“ gegen das Erstarken demokratie- und menschenfeindlicher Kräfte.
Regie
Tim Heilmann
Puppen
Christof von Büren
Dramaturgie
Karoline Wernicke
Bühnen- und Kostümbild
Tim Heilmann
Herzl
Andreas Larraß
Lobkowitz
Marie-Luise Müller
Hitler
Rodrigo Umseher
Gretchen
Marharyta Pshenitsyna
Frau Tod
Veronika Thieme
Himmlischst
Moritz Trauzettel